Die Günterslebener Kriegerdenkmäler im Wandel der Erinnerungskultur
Über 100.000 Kriegerdenkmäler soll es in Deutschland geben. Vier sind es auch in Güntersleben: Die Gedenktafel für die Kriegsteilnehmer 1866 und 1870/71 hinter der Kirche, das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs am Alten Rathaus, der Gedenkstein mit den Gefallenen des Zweiten Weltkriegs in der Leichenhalle und seit 1970 die zentrale Gedenkstätte am Haupteingang zum Friedhof. Diese ist im Vergleich zu anderen Kriegerdenkmälern, aus denen noch der Geist des früheren Heldengedenkens spricht, in ihrem Erscheinungsbild wohltuend zurückhaltend und schlicht: Auf einer Muschelkalkstele eine stilisierte Dornenkrone und auf der Mauer dahinter die Jahreszahlen der drei letzten Kriege, an denen Soldaten aus Güntersleben teilnehmen mussten. Auf ihre Namen hat man an dieser Stelle verzichtet. Im eigentlichen Sinne handelt es sich daher nicht um ein Kriegerdenkmal, sondern eher um ein Mahnmal.
Die drei Zahlenkombinationen 1870/71, 1914/18 und 1939/45 machen allen Vorübergehenden sofort klar, wofür dieses Mahnmal steht. Den Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945 und seine Auswirkungen auf Güntersleben kennen viele noch aus eigenem Erleben oder aus der jüngeren Familiengeschichte. Das gilt schon weniger für den Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918, den man allenfalls noch aus den Erzählungen lang verstorbener Vorfahren kennt. Davon, was der Krieg von 1870/71 für Güntersleben bedeutete, hatte schon bei der Errichtung des Denkmals 100 Jahre später niemand mehr im Dorf eine rechte Vorstellung.
Der deutsch-französische Krieg 1870/71
Aus einem eher nichtigen und vom preußischen Ministerpräsidenten Bismarck provozierten Anlass erklärte Frankreich im Juli 1970 dem Königreich Preußen den Krieg, an dem auch Bayern als Verbündeter Preußens beteiligt war. Frankreich hoffte auf einen schnellen Sieg, stand aber im Januar darauf als Verlierer da. Bismarck nutzte die nationale Hochstimmung, die der Sieg über den „Erbfeind“ auslöste, zur Einigung Deutschlands unter preußischer Führung. Am 18. Januar 1871 wurde der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles zum Kaiser des Deutschen Reiches ausgerufen.
Eigentlich wurde der Krieg schon am 2. September 1870 durch den Sieg der verbündeten deutschen Truppen beim Kampf um die Stadt Sedan entschieden. Der Name der Stadt wurde danach zum Inbegriff des Stolzes auf die Überlegenheit der deutschen Soldaten. Jedes Jahr im September wurde der Sedantag als inoffizieller Nationalfeiertag zelebriert. Denkmäler wurden errichtet und Straßen, wie in Würzburg die Sedanstraße, sollten die Erinnerung an den großen Sieg wachhalten. „Fern bei Sedan wohl auf der Höhe“ wurde nicht nur bei Veteranentreffen gesungen. Was dabei zur Nebensache wurde: Neben einer noch weitaus höheren Zahl französischer Kriegsopfer verloren auch auf deutscher Seite 50.000 Soldaten ihr Leben.
Aus Güntersleben waren 38 Soldaten bei den Gefechten in Frankreich dabei. Ein 26-Jähriger erkrankte während des Einsatzes und starb in einem Feldlazarett. Alle anderen kamen wieder zurück. Abgesehen von der vorübergehenden Abwesenheit der jungen Männer war das Dorf von weiteren Auswirkungen des Krieges nicht betroffen. Lebensmittel und Futter, das man in Erwartung möglicher Einquartierungen und für etwaige Heeresdurchzüge vorsorglich bevorratet hatte, wurden nicht gebraucht und nach dem Krieg an Interessenten versteigert.
Die Kriegsheimkehrer wurden auch in Güntersleben als Helden gefeiert. „Als Anerkennung und Belohnung für ihre diesfalls erlittenen Strapazen“ sicherte ihnen die Gemeinde den unentgeltlichen Erwerb des Bürgerrechts zu, für den die jungen Männer im Dorf, in der Regel bei ihrer Eheschließung, ansonsten eine nicht unerhebliche Gebühr zu zahlen hatten. Einem Teilnehmer, der das Bürgerrecht schon vor dem Krieg erworben hatte, wurde die Gebühr erstattet. Der Betrag sollte aber nicht ihm, sondern seiner Frau übergeben werden, „da er keinen guten Gebrauch mit demselben machen wird.“
Die Kriegsteilnehmer waren auch selbst darum besorgt, ihren Nachruhm zu sichern. Drei Jahre nach Kriegsende gründeten sie im Januar 1874 den Kampfgenossenverein. Er war der erste und für einige Zeit einzige Verein in Güntersleben. Mit dem Beitritt vieler Sympathisanten wurde er im Lauf der Jahre zum angesehensten und mit 187 Mitgliedern im Jahr 1927 größten Verein im Dorf, bis er sich im Dritten Reich auf Weisung von oben auflösen musste.
1895 erhielten alle noch lebenden Kriegsteilnehmer je 2 Mark aus der Gemeindekasse „behufs Abhaltung einer 25-jährigen Gedenkfeier“. 1903 wurde neben dem Mittelportal der Kirche ein ziemlich monströses Denkmal mit den Namen der siegreichen Soldaten aufgestellt, darunter auch jener, die schon am vorangehenden Krieg Preußens gegen Österreich und den Deutschen Bund von 1866 teilgenommen hatten. Die Botschaft, die es weitertragen sollte, war nicht Mahnung und Gedenken an Kriegsopfer, sondern die Verherrlichung der Leistungen der Kriegshelden.
Nach zwei verlustreichen Weltkriegen hatte man genug von dem lorbeerbekränzten Siegesdenkmal und beseitigte es. Erhalten blieb nur die Tafel mit den Namen der Kriegsteilnehmer, die man noch heute in der Mauer gegenüber dem hinteren Eingang der Kirche sehen kann.
Der Erste Weltkrieg 1914 – 1918
Mit einer spontanen Kundgebung wurde im August 1914 in Güntersleben – wie im ganzen Land – die Mobilmachung gegen Frankreich gefeiert. Diesmal waren es die Deutschen, die einen kurzen Waffengang und einen schnellen Sieg erwarteten.
Aus dem Traum von einem schnellen Sieg wurde der Alptraum eines weltweiten Flächenbrandes, ein Weltkrieg, der in die Geschichtsbücher als Erster Weltkrieg einging. 25 Staaten befanden sich im Kriegszustand. 17 Millionen Soldaten und Zivilpersonen verloren ihr Leben. Nach vier mörderischen Jahren mussten im November 1918 die Vertreter der deutschen Regierung einen Waffenstillstand unterzeichnen, der einer bedingungslosen Kapitulation gleichkam.
Auch Güntersleben hatte dieses Mal massiv unter dem Kriegsgeschehen zu leiden. Bei nicht einmal 1300 Einwohnern wurden im Verlauf des Krieges 240 Männer eingezogen. 60 kehrten nicht zurück, die meisten gefallen in Frankreich. Die Soldaten fehlten in dem Bauerndorf als Arbeitskräfte auf den Höfen. Französische Kriegsgefangene mussten mithelfen, zumindest die dringendsten Arbeiten zu erledigen. Lebensmittel, Heiz- und Beleuchtungsmaterial und andere Güter des täglichen Bedarfs wurden immer knapper und rationiert. Zugleich mussten immer größere Kontingente der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für die Truppen und für die Aufrechterhaltung der Versorgung im Land abgeliefert werden. Für die Munitionsherstellung musste 1917 sogar eine Glocke vom Kirchturm geholt und ein Register mit Orgelpfeifen aus Metall ausgebaut und abgegeben werden.
Es war wieder der Kampfgenossenverein, der 1922 die Initiative für ein Kriegerdenkmal ergriff. In einer Haussammlung trug er 8.000 Mark dafür zusammen. Doch dann kam die Inflation dazwischen, so dass es am Ende 150.000 Mark kostete. Es wurde in einer eigens dafür angelegten Grünanlage am Aufgang zur Kirche aufgestellt und am 1. November 1923 eingeweiht. Auf der Schauseite waren unter der Widmung „Die dankbare Gemeinde Güntersleben“ die Namen der 60 Gefallenen mit ihren militärischen Einheiten eingemeißelt. 1956 wurde das Denkmal bei der Neugestaltung des Treppenaufgangs an die Südwand des alten Rathauses versetzt. Dem Stein aus Kirchheimer Muschelkalk haben die Jahre inzwischen so zugesetzt, dass nur noch wenige Namen mit einiger Mühe zu entziffern sind.
Der Zweite Weltkrieg 1939 – 1945
Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg. Von Kriegsbegeisterung wie 1914 war dieses Mal auch in Güntersleben nichts zu spüren. Nach sechs Jahren mit 60 Millionen Toten weltweit endete der Krieg am 8. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht, großen Gebietsverlusten, jahrelanger Besetzung und jahrzehntelanger Teilung Deutschlands.
Aus Güntersleben wurden nahezu 300 Männer in die Gefechte geschickt, die jüngsten gerade 17 und die ältesten bald 50 Jahre alt. 89 Soldaten kamen nicht zurück, die meisten im Osten gefallen. Zwei Jahre nach dem Ende des Krieges befanden sich noch über 60 Soldaten in Gefangenschaft. Der letzte Heimkehrer kam im Mai 1950 zurück.
Neben den Versorgungsengpässen und den Ablieferungspflichten, wie man sie aus dem Ersten Weltkrieg kannte, war Güntersleben in den letzten Kriegswochen auch direkt von Kampfhandlungen betroffen. Im April 1945 verloren bei einem wiederholten Artilleriebeschuss über mehrere Tage elf Personen, darunter vier Einheimische, ihr Leben.
Das Gedenken an die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs hält eine schlichte Steintafel ohne den früher üblichen Zierrat in der Vorhalle des Leichenhauses fest. Die Namen wurden wiederholt ergänzt, wenn Vermisste später für tot erklärt wurde. Die Aufzählung ist aber gleichwohl nicht vollständig.
Das lange Ringen um eine zentrale Gedenkstätte
„In der Gemeinde sind viele nicht zufrieden mit den unterschiedlichen Standorten für die Kriegsopfer.“ So schrieb die MainPost im November 1957. Der Gemeinderat befasste sich deshalb mit der Neuerrichtung einer „Heldengedenkstätte“, wie der Protokollführer sich ausdrückte. Obwohl schon die Bekanntgabe des Vorhabens dazu führte, dass „ganz ansehnliche Beiträge an Spenden aus der Bevölkerung eingingen“, sollte es noch 13 Jahre dauern, bis man sich auf einen geeigneten Ort und die Gestaltung geeignet hatte.
Nach ersten schnell eingeholten Entwürfen sollte das Mahnmal bei der Kirche oder im sogenannten Ölgarten unter dem Kirchturm seinen Platz haben. Alle maßgeblichen amtlichen Stellen und die beteiligten örtlichen Organisationen waren einverstanden. Nur im Gemeinderat fand man nicht zusammen. Auch ein neuer Anlauf Ende 1961 brachte keine Einigung und so stellte man die Angelegenheit kurzerhand bis zu einer möglichen Friedhofserweiterung zurück.
Als die im Frühjahr 1970 kam, war mit dem freien Platz neben dem neuen Haupteingang zumindest die Frage des Standorts entschieden. Unklar war aber immer noch, wie das Denkmal aussehen sollte.
Ein erster Entwurf, vorgelegt vom Bildhauer Karl Hornung aus Estenfeld, wurde als zu abstrakt empfunden. Die Diskussion im Gemeinderat ließ den Wunsch nach einer realistischeren Darstellung erkennen. Bezeichnend dafür, dass auch an einer Stelle der Niederschrift wieder der überholte Begriff einer Heldengedenkstätte erscheint. Nachdem aber mehrere daraufhin eingeholte Vorschläge anderer Bildhauer auch nicht überzeugten, wollte man die Sache zu Ende zu bringen und entschied sich mehrheitlich – aus heutiger Sicht glücklicherweise – für den ersten Entwurf, der dann auch ausgeführt wurde. In der Öffentlichkeit hat das am Volkstrauertag 1970 eingeweihte Denkmal schneller als im Gemeinderat allgemeine Akzeptanz gefunden.
Dass die Jahreszahlen hinter dem Denkmal nicht nur auf die beiden Weltkriege, sondern auch noch auf den Krieg von 1870/71 hinweisen, beruht eigentlich auf einem Missverständnis. Nicht nur, dass in der Vorlage für den Gemeinderat von drei Weltkriegen die Rede war, der die zeitlich und regional begrenzte Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Preußen von 1870/71 gewiss nicht war. 100 Jahre nach diesem Ereignis hatte sich die Erinnerung – wie man das häufiger erlebt – auch so weit von der Realität entfernt, dass man annahm, auf der Schrifttafel des früheren Denkmals seien die Gefallenen aus Güntersleben aufgeführt, die es aber tatsächlich nicht gab.
Mit der Aufnahme in das 1970 errichtete zentrale Mahnmal der Gemeinde Güntersleben hat man, ohne sich dessen bewusst zu sein, die ursprüngliche Verherrlichung des siegreichen Feldzugs gegen die ungeliebten französischen Nachbarn in das Gedenken an die Opfer aller Kriege integriert. So verstanden hat auch 1870/71 als immerwährende Mahnung an diesem Ort seinen berechtigten Platz.
11/2024
Bagasch und Botschamber
Sprache verrät die Herkunft
Wer bei Personen aus dem näheren Umkreis genau hinhört, kann schon – früher häufiger als heute – an der Sprache erkennen, ob jemand aus Güntersleben, Rimpar oder Thüngersheim stammt. Denn es gibt nicht nur die eine fränkische oder mainfränkische Mundart. Vielmehr unterscheiden sich auch schon zwischen Nachbardörfern die Sprachbilder und Ausdrucksformen so sehr, dass eine genaue Zuordnung möglich ist. Erklären lässt sich das damit, dass die Dörfer in der Vergangenheit nur wenig Verbindung zur Außenwelt hatten und neben ihren örtlichen Traditionen und Bräuchen auch ihre Mundart weitgehend eigenbestimmt ausformten und fortentwickelten. Umso mehr überrascht es, dass sich auch in der Günterslebener Mundart nicht wenige Ausdrücke finden, die ihren Ursprung in der französischen Sprache haben.
Der Weg des Französischen in den deutschen Wortschatz…
Begriffe französischer Herkunft, sogenannte Gallizismen, findet man in der deutschen Sprache zuhauf. Wir verwenden sie im alltäglichen Gebrauch, ohne uns noch bewusst zu sein, dass sie ursprünglich nicht unserer Sprache angehörten. Für die zahllosen Beispiele, die man nennen könnte, seien nur der Friseur, der Amateur und der Experte oder auch massieren, motivieren und sabotieren genannt.
Als Ausgangspunkt für das Eindringen der vielen Gallizismen in die deutsche Sprache wird allgemein die Zuwanderung der Hugenotten in den deutschen Sprachraum gegen Ende des 17. Jahrhunderts gesehen. Im damals katholischen Frankreich als Anhänger der reformatorischen Lehre Calvins verfolgt, flohen viele von ihnen in deutsche Länder, in denen sie unter protestantischen Herrschern Aufnahme und Schutz fanden. Mit ihrer Religion brachten sie auch ihre Sprache mit.
Hinzu kam die Ausstrahlung des französischen Hofes. Die unter dem Sonnenkönig Ludwig XIV. und seinen absolutistisch herrschenden Nachfolgern zur Schau gestellte höfische Prachtentfaltung wurde zum Vorbild für die deutschen Landesfürsten. Mitglieder des Hofadels und der gebildeten Stände oder solche, die sich dazugehörig fühlten, pflegten bei gehobener Konversation französisch zu parlieren, um sich dadurch auch vom gewöhnlichen Volk abzugrenzen. Französisch wurde dann auch mehr und mehr zur Sprache der internationalen Diplomatie.
… und in die hiesige Dorfsprache
Von all dem war man in Güntersleben weit entfernt. Am ehesten erklären lässt sich daher das Einfließen französischer Begriffe in den dörflichen Sprachgebrauch damit, dass während der Kriege mit den französischen Revolutionstruppen und dann unter Napoleon vor und nach 1800 immer wieder einmal auch für längere Zeit französische Soldaten in Güntersleben einquartiert waren. Sie logierten im Pfarrhaus, in einem der beiden Wirtshäuser und auf den größeren Bauernhöfen im Dorf. Im täglichen Umgang mit der einheimischen Bevölkerung könnten die ersten französischen Begriffe in die Dorfsprache Eingang gefunden haben. Viele sind aber wohl auch erst später dazugekommen, wobei sich im Einzelnen nicht mehr nachvollziehen lässt, zu welcher Zeit und in welchem Zusammenhang das jeweils geschah.
Gewiss gab es aber auch immer schon Dorfbewohner, denen daran gelegen war, sich von ihrer Umgebung etwas herauszuheben. Französische Ausdrücke, wo immer man die aufgeschnappt hatte, in die Alltagssprache einfließen zu lassen, hörte sich vornehm und gebildet an. So wurde das gute alte Hemd zum Schmies, abgeleitet von chemise, dem französischen Wort für dieses Kleidungsstück. War selbiges etwas luftiger und leichter, wurde es zum Schmiesla. Auch Lehnwörter aus fremden Sprachen blieben also von der Verkleinerung auf fränkische Art mit -la und -le nicht verschont. Heute, wo der Einfluss des Englischen auf unsere Sprache den des Französischen längst abgelöst hat, würde man dazu wohl T Shirt sagen. Als réticule bezeichnete man in Frankreich die kleinen Handtaschen, die bei Damen vornehmeren Standes mit einem Band am Handgelenk baumelten. Als Ridikül gelangten sie in den deutschen Sprachraum und in der weiteren mundartlichen Abwandlung als Ridigil fanden auch die Frauen in Güntersleben Gefallen daran.
Die chaise longue, in der wörtlichen Übersetzung der lange Stuhl, lebt bis heute fast unverändert als Chaiselongue in der Möbelbranche fort. In der Mundart wurde daraus der oder das Scheslon. Während der Gebrauch dieser Bezeichnung selten geworden ist, begegnet man dem Kanabee noch häufiger, in der doppelten Bedeutung als Sitzmöbel oder – unter der edler klingenden Bezeichnung canabé – als Appetithäppchen.
In doppelter und zudem näherliegender Bedeutung, wurde auch das mundartliche Schese gebraucht, abgeleitet ebenfalls vom französischen chaise für Stuhl. Eine Schese konnte hierorts eine Pferdekutsche oder ein Kinderwagen sein. Handelte es sich bei letzterem um eine kleinere Ausführung oder einen Puppenwagen, wurde es zum fränkisch verkleinerten Schesla. Sogar noch eine dritte, weniger schmeichelhafte, Anwendung war gar nicht so selten. Als Schesa bezeichnete man hier auch ein etwas ungeschicktes oder ungestümes Frauenzimmer. Auf eine besondere Ästimierung – auch das französischer Herkunft von éstimer=wertschätzen – konnten diese nicht hoffen.
Erst französisch und später deutsch
Regenschirme kamen erst nach 1800 (und damit sehr viel später als Sonnenschirme) in Gebrauch, dem Zeitgeist entsprechend mit dem französischen Namen Paraplue. Es mag wohl noch 100 Jahre und mehr gedauert haben, bis dieses nützliche Requisit auch bei der Landbevölkerung ankam. Und da wurde aus dem Paraplue oder Paraplü in der Alltagssprache, jedenfalls in Güntersleben, das Barbla.
Das Paraplü oder Barbla ist nicht das einzige Objekt, das erst einmal nur unter einem aus dem Französischen abgeleiteten und danach mundartlich gefärbten Namen bekannt war, bevor oft sehr viel später die uns heute geläufige deutsche Bezeichnung üblich wurde. In manchen Fällen in der NS-Zeit bei der damals gepflogenen Deutschtümelei.
Auf einer Ansichtskarte, die nach dem Bau der Wasserleitungsanlage im Jahr 1909 in Umlauf gebracht wurde, ist unter dieser Bezeichnung das neue Hochreservoir auf der Platte abgebildet. Solange es in Betrieb war und auch danach noch blieb es für die Günterslebener in Anlehnung an den französischen Begriff für Vorratsbehältnisse das Reserwar. Erst die später gebauten größeren Anlagen kennt man hier als Hochbehälter.
Der französischen Sprache entlehnt war auch die Bezeichnung für die neuartigen Gefährte, auf denen sich 1908 die ersten mutigen (und bei den stolzen Anschaffungskosten auch gut betuchten) Ortsbürger dem staunenden Publikum präsentierten. Aus den vélocipèdes wurden in der Ortssprache die Felizebees und blieben es auch noch lange, nachdem die bald darauf entstehenden Radsportvereine das Fahrrad unter dieser deutschen Bezeichnung populär machten.
1913 wurde die Langgasse hinauf der erste und für lange Zeit einzige Gehsteig in Güntersleben gebaut. Niemand im Dorf bezeichnete ihn aber so. Für die Dorfbewohner war er das Trottwar und damit nahezu gleichlautend der französischen Bezeichnung trottoir für Fußgängerwege. Im damaligen Beschluss der Gemeindeverwaltung heißt es im Übrigen, wie in anderen Fällen um diese Zeit, dass die Langgasse chaussiert wird. Auch das eine unverkennbar aus dem Französischen hergeleitete Bezeichnung, die man immer dann gebrauchte, wenn eine Straße mit einer festen Oberfläche ausgebaut wurde. Solche Straßen bezeichnete man dann folgerichtig, jedenfalls im gemeindeamtlichen Sprachgebrauch, auch als Chausseen. So kann man schon in einem Vertrag von 1874 über die Verpachtung der Schafweide in Güntersleben lesen, dass die „Böschungen an den Chausseen“ nicht beweidet werden dürfen. Heute eine Straße in Güntersleben als Chaussee zu bezeichnen, würde schon etwas Verwunderung auslösen.
Sprache und Bedeutung wandeln sich
Wäre der Beitrag an dieser Stelle zu Ende, würde mancher Leser oder die eine oder andere Leserin möglicherweise etwas vermissen: das Bagasch oder den Botschamber. Beide dem Französischen (bagage und pot de chambre) entlehnten Begriffe kennt man nicht nur in der Günterslebener Mundart sondern eigentlich im gesamten deutschen Sprachraum. Bagasch hat dabei gegenüber dem französischen Ursprungswort einen Bedeutungswandel erfahren. Während dort bagage für das mitgeführte Reisegepäck steht, meint man hier mit Bagasch oder der ortstypischen Ausformung Bagäschie wenig angesehene oder auffällige Zeitgenossen, manchmal auch den mitgeführten Familienanhang. Botschamber hat zwar noch die gleiche Bedeutung wie der französische pot de chambre (Nachttopf), hat aber im Lauf der Zeit einen Wandel in der Wahrnehmung erfahren. Ursprünglich als vornehme und diskrete Umschreibung eines zu Zeiten ohne Haustoilette unverzichtbaren Utensils verstanden, mutierte der Botschamber in der mundartlichen Ausformung zu einem eher derben und ordinären Begriff, Naserümpfen inbegriffen.
Die meisten der hier angeführten und viele weitere Entlehnungen aus dem Französischen sind mit dem Rückgang der Mundart verschwunden. Noch mindestens bis in die späten 1970er Jahre waren sie älteren Ortsbewohnern geläufig und gehörten zu ihrem Alltagswortschatz.
Wer heute beklagt, dass zu viel Englisch in die deutschen Sprachgewohnheiten einfließt, der sollte im Blick auf die geschilderte Entwicklung bedenken: Sprache bleibt nicht auf dem Stand, den wir einmal gelernt haben, sie hat sich schon immer verändert und wird sich weiter verändern. Allenfalls geht es, wie bei vielem anderen, schneller als in der Vergangenheit.
08/2024
Der Kirchenchor in Güntersleben
Es war mehr als ein Hauch von Wehmut, der manche Besucher ergriff, als Pfarrer Steigerwald im Juni 2024 das schon vorher verkündete Ende der Chorgemeinschaft Güntersleben-Thüngersheim mit einem Dankgottesdienst gewissermaßen besiegelte. Damit endete auch die 90-jährige Geschichte des Kirchenchors Güntersleben, der – mit einer 10-jährigen Unterbrechung – seit 1933 das kulturelle Leben am Ort bereichert hatte.
Bevor es den Kirchenchor gab
Im Vergleich zu Thüngersheim, dessen Kirchenchor schon 1868 gegründet wurde, hatte man sich damit in Güntersleben erst einmal Zeit gelassen. Das heißt aber nicht, dass die Günterslebener bis dahin auf den Chorgesang bei festlichen Gottesdiensten verzichten mussten. Schon Ignatius Gropp, von 1749 bis 1758 Pfarrer in Güntersleben, berichtet darüber, dass seine Vorgänger und dann auch er „Gesangbüchlein für den Chor und die Sing-Mägdlein“ und schließlich auch „ein neues Violon-Cell für die Chor-Musik“ angeschafft haben. In der Zeit, als die Pfarrer noch die Aufsicht über die Lehrer zu führen hatten, liest man in den Beurteilungen immer wieder auch von deren Fähigkeiten und Leistungen als Kantor. 1844 wird dem damaligen Schulleiter Karl Joseph Roth besondere Anerkennung für die „Einübung vierstimmiger Chöre“ zuteil und sein Nachfolger Adam Ulsamer verdiente sich 1849 „vorzügliches Lob wegen seinem Musikunterricht für den Chor“.
In der Kirchenrechnung von 1914 sind elf Männer, unter ihnen auch Bürgermeister Gottfried Issing, namentlich aufgezählt, die „für Aufführungen der Meßgesänge bei den feierlichen Gottesdiensten“ jeweils eine Jahresvergütung von 20 Mark bekamen. Ähnliche Einträge findet man auch für die Jahre davor und danach.
Gesangsvorträge in der Öffentlichkeit waren – wie alle öffentlichen Auftritte im Dorf – um diese Zeit eher den Männern vorbehalten. So waren es dann auch 53 Männer, die sich 1924 mit dieser erstaunlichen Zahl von Gründungsmitgliedern zu einem Gesangverein zusammenschlossen. Chorleiter wurde der Gemeindeschreiber Andreas Fleder, der wie später sein Sohn Ewald auch die Blaskapelle leitete. Wie Zeitgenossen zu berichten wussten, besuchten die Sangesbrüder regelmäßig die damals häufigen Sängerfeste im Umkreis.
Der Kirchenchor als geschützter Raum unter dem Nationalsozialismus
Am 30. Januar 1933 kamen in Berlin die Nationalsozialisten an die Macht. Gut eine Woche später rief am 8. Februar 1933 Pfarrer Joseph Weber in Güntersleben den Kirchenchor ins Leben. Als Gründungsmitglieder gehörten ihm 15 Sänger und in gleicher Zahl Sängerinnen an. Die Männer kamen zum größten Teil aus dem Gesangverein, darunter auch dessen Dirigent Andreas Fleder, der fortan den Kirchenchor leitete.
War die zeitliche Abfolge nur Zufall oder ahnte man frühzeitig, was kommen würde und tatsächlich auch bald eintraf? Alle Vereinigungen im Ort, mit Ausnahme des neu gegründeten Kirchenchors, wurden verboten oder lösten sich auf behördlichen Druck selbst auf. Vom Gesangverein gibt es aus dieser Zeit keine Nachrichten mehr.
Um an der Zielsetzung keine Zweifel aufkommen zu lassen, gab sich der Kirchenchor eine von Pfarrer Weber formulierte Satzung, in der dessen Aufgabe ausdrücklich auf die Pflege der Kirchenmusik vorrangig zur Gestaltung der Gottesdienste beschränkt war. Falls es möglich sei, das Fest der hl. Cäcilia, der Patronin der Kirchenmusik, auch mit einer weltlichen Feier zu begehen, seien Tanzunterhaltungen nicht gestattet.
Diese enge Festlegung auf den innerkirchlichen Bereich entsprach der Linie von Pfarrer Weber, der fraglos der NS-Ideologie ablehnend gegenüberstand, es aber geschickt verstand, um des Dorffriedens willen keine Konflikte zu provozieren oder bis zum Ende auszureizen. Mit dieser Zurückhaltung geriet der Kirchenchor dann auch tatsächlich nicht ins Visier der braunen Machthaber.
Zu einer größeren Bedrohung für den Fortbestand des Kirchenchors wurde erst der Krieg. Nach dem Tod von Andreas Fleder musste man seit 1938 mit häufig wechselnden Dirigenten auskommen. Am längsten in Erinnerung blieb von diesen die Klosterschwester Clementine Schnetter, die den Chor in den Jahren von 1943 bis 1944 leitete. Schwieriger aber war es noch, nach den Einberufungen die Männerstimmen zu besetzen. Sichtbar wird das auf dem ältesten erhaltenen Bild des Kirchenchors aus dieser Zeit. Hinter den 18 Sängerinnen sind darauf nur acht Sänger, überwiegend schon in fortgeschrittenem Alter, zu sehen. Umso mehr muss es erstaunen, dass der Kirchenchor unter den chaotischen Verhältnissen der letzten Kriegswochen auch an Ostern 1945 noch zusammenfand, um den Festgottesdienst mitzugestalten.
Das Kriegsende überstanden und dann das abrupte Ende
Mit der Heimkehr der ersten Kriegsteilnehmer füllten sich auch bald wieder die Reihen des Kirchenchors. Auf 35 bis 40 Sängerinnen und Sänger konnte der neue Dirigent Markus Fischer bei den regelmäßigen Auftritten zählen. Doch die Harmonie zwischen ihm und seinem Chor sollte nicht von Dauer sein.
Als 1951 bekannt wurde, dass sich Fischer kommunalpolitisch bei den Sozialdemokraten engagierte, für die er nachfolgend auch als Bürgermeister kandidierte, war das nach damaligem kirchenamtlichem Verständnis mit seiner Funktion als Dirigent eines Kirchenchors nicht vereinbar. Da ihm überdies in diesem Zusammenhang auch noch kirchenkritische Äußerungen nachgesagt wurden, war er seinen Posten los. Ein anderer Dirigent stand nicht zur Verfügung und so wurde der Kirchenchor kurzerhand „storniert“, wie der Vorgang in einem später verfassten Eintrag im Protokollbuch umschrieben wird. Im Klartext: Für die nächsten zehn Jahre gab es keinen Kirchenchor mehr in Güntersleben. Statt des Kirchenchors dirigierte Markus Fischer nun den um diese Zeit gegründeten Chor des TSV.
Nach zehn Jahren Pause ein erfolgreicher Neubeginn
1961 kam der gebürtige Günterslebener Karl Lother als Lehrer zurück in seine Heimatgemeinde. Er kannte noch den Kirchenchor als Sänger in der Nachkriegszeit. Seine Bereitschaft, das Amt des Dirigenten zu übernehmen, ermöglichte dem Kirchenchor noch im gleichen Jahr einen Neustart, der mit 45 Sängerinnen und Sängern auch eindrucksvoll gelang. Güntersleben hatte die folgenden Jahrzehnte mit dem Kirchenchor und dem TSV-Chor jetzt zwei Chöre mit zeitweise zusammen 80 und mehr Aktiven – aus heutiger Sicht bei doppelter Einwohnerzahl kaum mehr vorstellbar.
Karl Lother, später auch Schulleiter in Güntersleben, dirigierte den Chor bis 1979, um dann die Leitung seinem Sohn Werner Lother zu übergeben, der den Taktstock mit Unterbrechungen fast 30 Jahre führte.
Anders als im Dritten Reich konnte der Kirchenchor jetzt auch öffentlich über seine nach wie vor bestehende vorrangige Aufgabe der festlichen Mitgestaltung der Gottesdienste hinaus in Erscheinung treten, was er bei vielfältigen Gelegenheiten auch tat. Dazu gehörten zum Beispiel seit 1975 die alljährlichen Kirchenkonzerte, die Mitwirkung bei festlichen Anlässen im Ort und in anderen Gemeinden, beim Volkstrauertag oder beim Kulturherbst im Rathaus. Bleibende Belege für sein hohes Niveau sind eine Schallplatte und mehrere CD-Aufnahmen.
Der Nachwuchs bleibt aus
Aller Erfolge ungeachtet spürte der Kirchenchor, wie viele andere Laienchöre, spätestens um die Jahrtausendwende ein nachlassendes Interesse vor allem jüngerer Menschen am gemeinsamen Chorgesang. 2004 musste deshalb schon der TSV-Chor aufgeben. 2011 schloss sich der Günterslebener Kirchenchor mit dem Kirchenchor Thüngersheim, den ähnliche Sorgen plagten, zu einer Chorgemeinschaft zusammen, was noch einmal einen vorübergehenden Aufschwung bewirkte. Als dann aber nach der Zwangspause durch die Corona-Pandemie 2022 allmählich wieder reguläre Verhältnisse einkehrten, zeichnete sich bald ab, dass alles Werben um Nachwuchs vor allem für die Männerstimmen vergeblich war. Bei zuletzt nur noch acht Tenor- und Basssängern – alle nicht mehr die Jüngsten – unter den insgesamt 31 Aktiven der Chorgemeinschaft sahen auch Dirigent Werner Lother und die Vorstandschaft um Brigitte Lorenz keine Zukunft mehr.
Ende 2023 löste sich die Chorgemeinschaft auf, wie zu befürchten ist, dieses Mal nicht nur vorübergehend. Den Liebhabern des gepflegten mehrstimmigen Gesangs wird der Kirchenchor in Güntersleben fehlen.
06/2024
Bildstöcke erzählen Geschichte(n)
Bildstöcke gehören zum Bild der Dörfer und Fluren in Franken. Auch in Güntersleben haben die Menschen in der ferneren Vergangenheit ebenso wie in allerjüngster Zeit Bildstöcke vor ihren Häusern oder Grundstücken, an Straßen und Wegrainen aufgestellt. Der älteste von 1529 steht bei der Bushltestelle in der Thüngersheimer Straße. Der jüngste wurde 2002 am Ende der Roßstraße errichtet. Nicht alle haben die Jahrhunderte überdauert. Immerhin 25 Bildstöcke aus verschiedenen Epochen sind heute, zumeist in gutem Zustand, noch erhalten. Jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Die Pestsäule an der Deisenbergstraße
Der Bildstock an der Einmündung der Deisenbergstraße in die Würzburger Straße trägt die Jahreszahl 1608. In seiner Form unterscheidet er sich von den anderen Bildstöcken am Ort. Es ist eine Säule mit einem kaum über deren Konturen hinausreichenden vierseitigem Aufsatz mit kleinen Nischen auf drei Seiten. Solange man weiß, waren diese Nischen leer. Die Medaillons, die sie jetzt wieder ausfüllen, wurden erst 1986 bei einer Restaurierung eingefügt. Auf der vierten Seite ist eine Inschrift. Sie lautet: 0 HEILIGER VATER SIHE VON DEINEM HOHEN HIMMEL VND SCHAUW AUF DIS HEILIG BLVTIG OPFER DAS DIR DEIN GELIEBTER SOHN UNSER HERR JESUS CHRISTUS FÜR DIE SÜND DER GANTZE WELT HAT GETAN. Weiter findet sich nur noch ein Namenskürzel, das wohl auf den Bildhauer hinweist. Ein Stifter ist nicht genannt.
Die Form, die Beschriftung, das Fehlen eines Stifternamens und der Zeitpunkt der Errichtung legen nahe, dass es sich um eine Pestsäule handelt. Pestsäulen findet man in Wien oder Prag und einer Reihe anderer Städte und Gemeinden. Zumeist sehr viel aufwändiger gestaltet als die Säule, die sich ein kleines Dorf wie Güntersleben leisten konnte, wurden sie aufgestellt als Ausdruck des Dankes, dass die Pest überstanden war, und zugleich der Fürbitte, fernerhin von solchem Unheil verschont zu bleiben.
Tatsächlich wütete um die Jahreswende 1607/08 in Güntersleben die Pest. Den Kirchenbüchern lässt sich entnehmen, dass in wenig mehr als drei Monaten 45 Ortsbewohner starben, wo ansonsten damals das ganze Jahr über nur etwa 10 Todesfälle registriert sind. Was sollte die Menschen so unmittelbar nach diesen schrecklichen Monaten sonst zum Aufstellen eines Bildstocks bewegt haben als die Betroffenheit über diese Heimsuchung? Wenn damit aber die Hoffnung verbunden war, dass sich solches nicht wiederholen solle, wurde diese auf unvorstellbare Weise enttäuscht. Nur drei Jahre später starben 1611 bei einem erneuten Durchzug der Pest 141 Personen und damit etwa ein Viertel der Einwohner von Güntersleben.
Im dörflichen Sprachgebrauch war der Bildstock in der Vergangenheit das „Stoodbillele“, weil es am Weg stand, der zur Stadt nach Würzburg führte.
Die Bildstöcke beim Kettenbrunnen
Der frei stehende Bildstock, dessen Vorderseite das Relief einer Kreuzigungsgruppe bildet, war einer von dreien, die ehemals allein an der Langgasse den Weg hinauf zur Kirche säumten. Sein ursprünglicher Standort an der Einmündung in die Thüngersheimer Straße lässt sich einer Skizze in einem Lehensbuch des Klosters St. Stephan von 1733 entnehmen.
Als 1888 dort, wo jetzt das Ärztehaus steht, die Kinderbewahranstalt gebaut wurde, war für diesen und einen weiteren Bildstock, der 1833 nicht weit davon entfernt errichtet worden war, kein Platz mehr. Um sie doch noch, soweit möglich, zu erhalten, fügte man ihre beiden Kopfstücke in die Fassade der Kinderbewahranstalt ein.
2019 wurde die „Alte Anstalt“, wie die frühere Kinderbewahranstalt mittlerweile genannt wurde, abgebrochen. Dabei wurden die eingemauerten Bildstöcke freigelegt und von der Gemeinde restauriert. Der Bildstock von 1833 wurde in die Mauer vor dem neu angelegten Parkplatz eingebaut. Der ältere Bildstock erhielt einen neuen, der mutmaßlich früheren Form nachgebildeten Aufbau mit Sockel und Schaft und wurde vor der Mauer neu aufgestellt.
Bei der Freilegung dieses Bildstocks wurde mit „Kilianus Lauer“ ein bis dahin hinter dem Fassadenputz verdeckter Namenszug sichtbar. Zweifellos ist es der Name des Stifters. Kilian Lauer lebte von 1627 bis 1685. Er war Bauer und hatte seinen Hof ganz in der Nähe in der Langgasse. Er war zweimal verheiratet, hatte 14 Kinder, von denen aber keines den Hof übernahm. Seine zweite Ehefrau führte den Hof als Witwe noch ein paar Jahre weiter. Dann übernahm ihn ein neuer Besitzer.
Nach den Lebensdaten von Kilian Lauer kann man auch die Entstehungszeit des Bildstocks annähernd einordnen, wobei man davon ausgehen kann, dass er die Stiftung wie üblich erst im fortgeschrittenen Alter, also etwa um 1680, vornahm.
Bildstock im Höhfeld
Der Marienbildstock am Weinwanderweg trägt die Inschrift: „Gelobt sey Jesus Christus. Zur größeren Ehr Gottes und ter schmerzhafften Mutter Gottes Maria had ter ehrsame Andreas Köhler und seine Hausfrau Anna tiesen Biltstock hieher sezen lassen im Jahr 1753“. Er ist damit einer von neun Bildstöcken, die während des Wirkens von P. Ignatius Gropp als Pfarrer in Güntersleben aufgestellt wurden. Zu keiner anderen Zeit wurden hier in einer vergleichbar kurzen Zeitspanne von nur neun Jahren so viele Bildstöcke gestiftet. Allerdings sind die meisten nicht mehr erhalten.
Der Stifter des Bildstocks im Höhfeld Andreas Köhler lebte von 1679 bis 1757. Sein Bruder Kaspar Köhler tat sich gleichfalls als Stifter hervor. 1731 hatte er bereits einen unserer künstlerisch bedeutsamsten Bildstöcke in der Langgasse aufstellen lassen, der heute auf dem Kirchplatz steht und Christi Fall unter dem Kreuz darstellt. 1754 war er dann nochmals an einem weiteren Bildstock beteiligt, der heute im Baugebiet Mehle steht.
Den Bildstock im Höhfeld ließ die Gemeinde 2017 restaurieren. Die Kosten wurden zu einem ansehnlichen Teil mit den Spenden finanziert, die bei der Abschlussveranstaltung zum Ortsjubiläum 2013 zu diesem Zweck gesammelt wurden.
Bildstock in der Mehle
Ebenfalls in der Zeit, zu der P. Ignatius Gropp Pfarrer in Güntersleben war, ließen „Johann Linhart Rotenhöfer, Caspar Köhler, Peter Formkeler et Consorten“ 1754 einen Bildstock hinter dem Lohwald aufstellen. Sie widmeten ihm dem Kirchenpatron Maternus, dessen Verehrung Gropp ein besonderes Anliegen war, wie auch weitere Maternus-Bildstöcke aus seiner Zeit bezeugen.
Die drei auf dem Bildstock namentlich genannten „Consorten“ – Beteiligte würde man heute sagen – waren miteinander verschwägert. Die Ehefrauen von Rothenhöfer und Köhler waren Schwestern von Peter Formkeller.
Der Bildstock wurde um 1965 bei der damals laufenden Flurbereinigung wie verschiedene andere auf der Gemarkung als störend für die Bewirtschaftung der neu zugeschnittenen Flurstücke beseitigt. Immerhin scheute man sich aber, die alten Stücke ganz zu entsorgen, sondern lagerte sie, wenig sachgerecht, in einer leerstehenden Scheune ein. Vier Bildstöcke konnten dann Jahrzehnte später wieder restauriert und neu aufgestellt werden.
Der Bildstock, der hinter dem Lohwald stand, wurde nach einer Restaurierung 1996 im Baugebiet Mehle neu aufgestellt. Das neu geschaffene Maternusbild stammt – wie die Bildtafel im Bildstock in der Schönbrunnenstraße – von dem Würzburger Künstler Wolfgang Mahlke. Finanziert wurde die Restaurierung von Johanna Kuhn, einer Nachfahrin von Peter Formkeller in der 6. Generation.
Bildstock auf der Platte
1859 ließ die Witwe Anna Maria Schömig einen Bildstock auf der Platte errichten, der ihrer Namenspatronin Anna gewidmet ist. Ihr zwei Jahre vorher verstorbener Ehemann Michael war der einzige Nachkomme von Valentin Schömig aus Rimpar, der 1769 die frühere Gemeindeschenke in Güntersleben gekauft hatte. Als Gasthaus zum Hirschen wurde diese von seinem Sohn Michael und Nachkommen der folgenden Generationen bis 1968 in der Familie weiterbetrieben.
Die Widmung in nicht so ganz geglückter Reimform, die Anna Maria Schömig auf dem Bildstock anbringen ließ, lautet: „Anna sei gegrüßt Gottesmutter Jesu Christ wer dich alle Dienstag ehrt der wird von Gott erhöht“. Der für uns heute nicht sofort verständliche Bezug auf den Dienstag erklärt sich damit, dass die hl. Anna, die Mutter Marias, der Legende nach an einem Dienstag gestorben sein soll und dieser Wochentag daher als Tag ihrer besonderen Verehrung galt.
Der Bildstock wurde schon einmal 1985 von der Kolpingsfamilie restauriert, die sich um diese Zeit um die Erhaltung einer Reihe von Bildstöcken verdient machte. Als 2016 eine neuerliche Restaurierung anstand, beteiligten sich nach einem Aufruf der Gemeinde viele Angehörige der zahlreichen Nachkommenschaft von Anna Maria Schömig mit Spenden an den Kosten.
Bildstock am Weg zur Steinhöhe
Auf dem Weg zur Steinhöhe kommt man kurz vor dem Ziel an einem Bildstock vorbei, auf dessen Sockel der Anlass seiner Errichtung anschaulich beschrieben ist: „Hier starb am Weg eines plötzlichen Todes infolge Schlagflusses am St. Markustag 1887 früh 7 Uhr der hochwürdige Herr Andreas Freund, Pfarrer von Retzstadt, 69 Jahre alt, als er die Bittprozession seiner Gemeinde nach Güntersleben führte.“
Bei Bittprozessionen, wie sie herkömmlich am Markustag, 25. April, und in den Tagen vor Christi Himmelfahrt, der sogenannten Bittwoche, stattfanden, wurde um eine gute Ernte gebetet. Sie führten in die Flur oder in die Nachbargemeinden. Eine Bittprozession nach Retzstadt und in umgekehrter Richtung von dort nach Güntersleben ist seit Jahrhunderten bezeugt. Im dritten Reich wurden Bittprozessionen nach auswärts verboten. Die zwischen Retzstadt und Güntersleben ist nach dem Krieg auch nicht mehr aufgelebt.
1985 ließen die Kolpingsfamilien von Güntersleben und Retzstadt den stark verwitterten Bildstock restaurieren. Das Relief mit der Darstellung von Christi Fall unter dem Kreuz, das nicht mehr dauerhaft erneuert werden konnte, wurde dabei durch einen originalgetreuen Abguss ersetzt.
Erhaltenswerte Kulturgüter
In den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, als es vorrangig um die Sicherung der elementaren Lebensgrundlagen ging, wurde historischen Kulturgütern wie Bildstöcken wenig Beachtung geschenkt. Pflege und Erhaltung wurden vernachlässigt, manche auch achtlos beseitigt. Erst in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts kam ein Umdenken. Initiativen zur Wiederherstellung und Erhaltung der heimischen Bildstöcke stießen durchwegs auf eine große Bereitschaft bei der Bevölkerung, auch einen persönlichen Beitrag mit größeren oder auch kleineren Spenden zu leisten.
So befinden sich heute nahezu alle Bildstöcke in Güntersleben in einem gepflegten Stand. Sie weiter zu erhalten, sollte auch künftig ein wichtiges Anliegen sein. Nicht nur die großherzigen Stifter haben es verdient, dass ihr Einsatz nicht in Vergessenheit gerät. Bildstöcke eröffnen auch in vielen Fällen einen Zugang zur Ortsgeschichte und halten die Erinnerung an Personen und Ereignisse wach.
02/2023
Dorfmusik – Kirchenmusik – Tanzmusik
Erste Nachrichten
Die frühesten Hinweise auf Musikanten in Güntersleben finden wir in den Matrikelbüchern der Pfarrei, in die seit 1592 Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle eingetragen wurden. 1606 stoßen wir darin auf den „fidicen“ Nikolaus Arnold, einige Jahre darauf auch als „celisti“ bezeichnet. 1613 begegnet uns mit Nikolaus Stock ein weiterer „fidicen“. Beide aus dem Lateinischen abgeleiteten Begriffe lassen sich mit Fiedel- oder Lautenspieler übersetzen. Die Fiedel war ein Streichinstrument, ähnlich einer Geige, und die Laute ein Zupfinstrument. Dass mit den Namen der beiden Männer auch deren Freizeitbeschäftigungen, die es wohl waren, Eingang in die amtlichen Kirchenbücher fanden, deutet darauf hin, dass es nur selten Ortsbewohner gab, die ein Musikinstrument spielten. Anzunehmen ist danach auch, dass sie damit nicht nur im Familienkreis, sondern auch öffentlich, wohl vornehmlich bei gottesdienstlichen Veranstaltungen, auftraten.
Spätestens um 1700 gab es in der Kirche in Güntersleben eine Orgel. Es ist die erste von vier uns bekannten Kirchenorgeln seither. „Die Orgel schlagen“, wie man früher zu sagen pflegte, war bis in die jüngste Vergangenheit Sache der Lehrer.
Kirchenmusik und Dorfmusik
Seit 1724 weisen die Gemeinderechnungen regelmäßig Ausgaben aus, um den „Musikanten für Prozessionen mit ihren Instrumenten aufzuwarten“, sowie Zahlungen „für Zehrung“ der Musiker bei der Fährbrücker Wallfahrt. Später kamen auch Ausgaben für die Musikanten „am Maternustag“ hinzu. Es gab also zu dieser Zeit schon eine Musikergruppe, die ähnlich wie heute als Kapelle auftrat. Nähere Angaben über die Anzahl der Musiker und deren Instrumente haben wir aus dieser Zeit nicht. Fest steht damit aber, dass am Beginn einer Musikkapelle in Güntersleben und wohl für lange Zeit auch ausschließlich Kirchenmusik stand.
1824 enthält die Gemeinderechnung zum ersten Mal Angaben über die Größe der Musikkapelle. Anlässlich der Feierlichkeiten zum Thronjubiläum des Königs von Bayern ist von „den 14 Ortsmusikanten“ die Rede. Ob es sich bei den ausgewiesenen Aufwendungen in der Gemeinderechnung um finanzielle Zuwendungen oder wahrscheinlich eher um die Kosten der Verpflegung handelte, ist nicht näher belegt.
Viel verdienen konnte man bei der Musikkapelle auch früher nicht. Dabei waren Musikinstrumente schon immer teuer und nicht jeder konnte sich eines leisten. Daher hielt die Gemeinde gemeinsam mit der Pfarrei für die Kirchenmusik einen Bestand an Instrumenten vor. Das waren 1843 zwei Trompeten, zwei Hörner, sechs Klarinetten, zwei Violinen und eine Viola. 1857 kamen noch eine Tuba und 1877 zwei Pauken hinzu.
Außer bei festlichen Anlässen in der Kirche und den seltenen Festivitäten der Gemeinde war die Musikkapelle regelmäßig bei den damals häufigen Prozessionen im Dorf und durch die Flur sowie bei den Wallfahrten nach Fährbrück, Veitshöchheim, Retzbach und Retzstadt im Einsatz.
1876 werden in der Namensliste der 19 Musikanten, die die Flurprozession begleiteten, auch vier weibliche Mitglieder aufgeführt.
Im beginnenden 20. Jahrhundert trat die Musikkapelle nur noch selten in dieser Stärke auf. Bedingt auch durch Einberufungen zählte sie 1918 nur noch 9 Mitglieder. Frauen waren darunter schon lange nicht mehr und auch danach bis in die 1980er Jahre nicht mehr zu finden.
In ihrer kleineren Besetzung überstand die Musikkapelle auch die unruhigen Zeiten am Ende des Ersten Weltkriegs und absolvierte ihre gewohnten Auftritte. Nach der Erinnerung früherer Musikanten wurde wohl auch in den 1920er Jahren die Idee geboren, vom damals noch unbebauten Heulenberg mit einem Weckruf zu früher Stunde den Pfingstmontag anzublasen. Daraus entstand eine feste Tradition, die mit Unterbrechungen bis heute fortgeführt wird.
Zahlenmäßig blieb die Musikkapelle eine überschaubare Gruppe. Neun Mitglieder zählte sie 1939, bevor mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs auch die Möglichkeiten des gemeinsamen Musizierens dahinschwanden. Auftritte wurden immer seltener und bei Prozessionen und Wallfahrten schließlich ganz verboten.
Nach Kriegsende formierte sich bald wieder eine neue Gruppe, bestehend aus vier Mitgliedern der früheren Kapelle und jungen Männern, die sich das Spielen selbst oder unter Anleitung erfahrener Kollegen beibrachten. Instrumente und Noten wurden im Tausch gegen Lebensmittel beschafft.
In nur wenig veränderter Zusammensetzung bestand diese Musikkapelle mit 12 bis 15 Mitgliedern die folgenden Jahrzehnte. Um 1970 versuchte die Truppe unter ihrem Leiter Ewald Fleder und seinem Nachfolger Dieter Schmidt, mit der Bildung einer Jugendkapelle den künftigen Nachwuchs zu sichern, was aber nur in begrenztem Umfang gelang. Zunehmend öfter konnte man hören, dass sich die Zeit einer örtlichen Musikkapelle wohl absehbar dem Ende zuneige.
Bevor es aber so weit war, wurde 1992 der Musikverein ins Leben gerufen. Mit heute über 500 – überwiegend nicht selbst musizierenden – Mitgliedern bildet er eine stabile organisatorische Basis, die vordem fehlte. Mit einer geregelten Ausbildung und Nachwuchsförderung und daraus folgend dem Aufbau leistungsfähiger Klangkörper, deren Auftritte immer wieder ein begeistertes Publikum finden, muss man um den weiteren Bestand einer Musikkapelle in Güntersleben keine Sorge mehr haben.
Tanzmusik
Von öffentlichen Tanzmusiken in Güntersleben hören wir zuerst in Verbindung mit der Kirchweih, die früher oft über mehrere Tage groß gefeiert wurde. Pfarrer Ignatius Gropp beklagt 1754, dass man mit dem Tanz am Abend „so lang anhalte, daß folgenden Tags wegen schweren Köpffen wenig von jungen Leuthen zur Procession erscheinen.“ Wie viele Musikanten mit welchen Instrumenten dabei aufspielten, wissen wir nicht.
Tanzvergnügungen waren noch im gesamten 19. Jahrhundert von der Obrigkeit nicht gern gesehen und streng reglementiert. Genehmigungen wurden den Gastwirten außer zur Kirchweih zunächst nur für die Fastnachtstage erteilt. So wurden denn auch im Juni 1820 zwei Musikusse, wie sie im Vernehmungsprotokoll bezeichnet werden, zur Rechenschaft gezogen, weil sie außer der Zeit in der Hirschenwirtschaft zur Tanzmusik aufspielten.
Es waren wohl zumeist einzelne Musiker, die sich zur Tanzmusik zusammenfanden, und nicht die Kapelle, die bei der Kirchenmusik zum Einsatz kam. Bei den herrschenden Vorbehalten gegen Tanzmusiken verwundert es dann auch nicht, wenn die Wirtshausmusikanten ein amtliches Führungszeugnis benötigten, das ihnen einen untadeligen Lebenswandel bescheinigte. 1845 erhielten 11 Musiker ein solches von der Ortsbehörde ausgestellt, was darauf hindeutet, dass es gar nicht so wenige waren, die sich nebenbei als Musiker beweisen oder auch ein kleines Zusatzeinkommen sichern wollten.
1886 meldeten 18 Personen in Güntersleben eine gewerbliche Nebentätigkeit als Musiker an. Nur einige, aber längst nicht alle gehörten auch der Musikkapelle an. Auch hier ging es wohl um Tanzmusik.
Als nach dem Ersten Weltkrieg die gesetzlichen Vorgaben gelockert wurden und neben den Gastwirten auch die größeren Vereine zu unterschiedlichen Zeiten das Jahr über Tanzmusiken abhielten, war es dann meist die Musikkapelle, die den musikalischen Part übernahm.
Auch die nach dem Zweiten Weltkrieg neu ins Leben gerufene Musikkapelle spielte jahrelang neben ihren Auftritten in der Gemeinde und zu kirchlichen Veranstaltungen auch bei Tanzmusiken, wobei die Musiker anfangs mit einer guten Brotzeit und Freigetränken als Gage zufrieden waren. In den 1960er Jahren übernahmen dann örtliche Bands wie die Backstubenband, die Breunigs und die Collys die Tanzmusiken für die folgenden zwei Jahrzehnte. Seitdem es diese Formationen nicht mehr gibt, treten bei den – immer seltener gewordenen – Tanzveranstaltungen im Ort nahezu ausschließlich außerörtliche Bands auf. Für die Orchester des Musikvereins sind Veranstaltungen dieser Art kein Betätigungsfeld.
10/2022
Archive in Güntersleben – noch lange nicht ausgeschöpfte Fundgruben
Wenn jemand mehr darüber erfahren will, wer seine ferneren Vorfahren waren, woher sie stammten, wie sie lebten und was sie erlebten, dann endet das überlieferte Wissen in den meisten Familien bei den Großeltern oder spätestens bei den Urgroßeltern. Manchmal findet sich noch ein Ahnenpass, wie er in unseliger Zeit gefordert wurde, der einen noch ein Stück weiter zurückführt. Ähnlich geht es dem, der ein älteres Haus sein Eigen nennt. Er hat vielleicht davon gehört und findet da und dort noch Spuren, die darauf hindeuten, dass es schon eine sehr lange Geschichte hat. Verlässliche Unterlagen über die Vergangenheit, sofern man sie je besessen hat, wurden aber spätestens beim Übergang auf eine nächste Generation immer spärlicher.
Wer mehr früherer Zeit ausgraben will, muss in die Archive hinunter oder hinauf steigen, ins Gemeindearchiv unten im Keller des Rathauses oder ins Pfarrarchiv oben unter dem Dach des Pfarrhauses. Wem das noch nicht genügt, für den kann sich auch der etwas weitere Weg in das Staatsarchiv oder das Diözesanarchiv in Würzburg lohnen.
Das Archiv der Gemeinde
Im Oktober 1610 schrieb der Günterslebener Schulmeister Johann Hartmann den ersten Eintrag in ein Buch, dem er den Titel „libellus actorum diurnorum“ (in deutscher Übersetzung: Buch der täglichen Verwaltungsgeschäfte) gab. Es ist das älteste der 130 Amtsbücher im Archiv, in denen früher die Lehrer als Gemeindeschreiber alle wichtigen Vorgänge der Gemeindeverwaltung protokolliert haben.
Das Archiv der Gemeinde
Aus dem Jahr 1698 stammt ein über 1200 Seiten starker voluminöser Band, in dem alle damals 105 Häuser und Hofstellen mit den Namen der Besitzer und dem dazu gehörenden Vermögen an Äckern, Wiesen, Weinbergen und Vieh aufgeführt sind. Solche Schatzungsbücher zum Zwecke der Steuerveranlagung wurden in mehrjährigem Abstand immer wieder angelegt und aktualisiert. Anhand dieser Bücher lässt sich nachvollziehen, wie groß das Dorf war und wie es gewachsen ist. Geometrisch genau wurde Güntersleben mit allen Grundstücken und Gebäuden zum ersten Mal 1832 vermessen. Auch diesen und die nachfolgend erstellten Ortspläne, auf denen die Entwicklung bis zu den heute fast 1300 Anwesen festgehalten ist, kann man im Gemeindearchiv einsehen.
Seit 1718 sind nahezu lückenlos alle Jahresrechnungen der Gemeinde erhalten. Rund 2000 Bände mit Rechnungsbelegen und Zahlungsvorgängen geben Auskunft darüber, was die Gemeinde wann gebaut hat, welches Personal sie beschäftigt hat, wie der Wald in früherer Zeit den Gemeindehaushalt finanziert hat und vieles andere mehr.
Wieder 100 Jahre später beginnen 1818 die Niederschriften über die Sitzungen der Gemeindeverwaltung, die ihre Fortsetzung in den Protokollen des heutigen Gemeinderats finden. Über 50 Protokollbücher enthalten mehr als 4000 Sitzungsniederschriften, in denen man nachlesen kann, was in Güntersleben zu den verschiedenen Zeiten gerade aktuell war.
Es sind das nur Beispiele für das viele, das sich in den langen Regalreihen, nicht zuletzt auch zur Geschichte vieler Familien, die schon länger im Dorf ansässig sind, im Laufe von über vier Jahrhunderten angesammelt hat.
Das Archiv der Pfarrei
Am 16. Juli 1345 trennte Bischof Otto von Würzburg den vormaligen Filialort Güntersleben von seiner Mutterpfarrei Veitshöchheim und verlieh ihm den Status einer eigenen Pfarrei. Eine Kopie dieser Gründungsurkunde ist das älteste Dokument im Günterslebener Pfarrarchiv. Es enthält darüber hinaus noch weitere Dokumente, die älter sind als die Bestände im Gemeindearchiv.
Zu den besonders wertvollen Stücken im Pfarrarchiv gehört das Original des „Protocollum des Löblichen Gotteshauses und Pfarrey zu Gündersleben“. Es handelt sich dabei um die erste Ortschronik, verfasst von Pfarrer P. Ignatius Gropp um 1750.
Zins- und Lehensbücher, das älteste beginnend 1602, geben Aufschluss über die Grundbesitzverhältnisse im Dorf. Seit 1732 sind die Jahresrechnungen der örtlichen Kirchenstiftung mit den Einnahmen und Ausgaben für kirchliche Gebäude und Seelsorge nahezu lückenlos erhalten.
Die Bestände im Pfarrarchiv beschränken sich nicht auf kirchliche Angelegenheiten im heutigen Sinne. Da die Pfarrer bis 1919 die Aufsicht über das Schulwesen und die Lehrer führten, für die Armenfürsorge und auch für Ordnungsangelegenheiten im Dorf verantwortlich waren, sind die älteren schriftlichen Zeugnisse auch aus diesen Bereichen überwiegend im Pfarrarchiv zu finden.
Für Familienforscher eine besondere Fundgrube sind die Matrikelbücher mit den Einträgen der Geburten bzw. Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle am Ort. Sie wurden von den Pfarrern in Güntersleben 1592 begonnen und damit fast 300 Jahre bevor 1872 die Standesämter der Gemeinden eingerichtet wurden. Die Matrikelbücher, für die Zeit davor die einzige Informationsquelle über persönliche Daten, haben in Güntersleben alle Wirrnisse der Zeiten unbeschadet überstanden. Um sie auch fernerhin bestmöglich zu sichern, werden sie seit Mitte der 1990er im Diözesanarchiv in Würzburg verwahrt. Dort können sie in digitalisierter Form von jedermann eingesehen werden.
Zwar geordnet, aber längst nicht alles erschlossen
Die örtlichen Archive der Gemeinde und der Pfarrei wurden in den vergangenen Jahren zeitlich und thematisch so geordnet, dass die Bestände vor Verlusten geschützt und gut zugänglich sind. Gerade die älteren, handschriftlich und unterschiedlich gut lesbar abgefassten Bücher enthalten aber nach wie vor einiges, das bisher noch nicht erschlossen und ausgewertet werden konnte. Wer sich auf die Suche begibt, wird immer wieder Neues entdecken, das unser Wissen und das Verständnis über die Geschichte von Güntersleben ergänzt und erweitert. Unabhängig davon, ob und wann jemals alles zutage gefördert wird, als „Gedächtnis des Dorfes“, wie sie durchaus treffend auch genannt werden, bieten die örtlichen Archive die Gewähr, dass nichts von dem, was aufgezeichnet wurde, endgültig dem Vergessen anheimfällt.
12/2021
I ho e Ä ü – Günterschläwer Mundart
„Deine Sprache verrät dich.“ Was der Apostel Petrus nach dem Bericht in der Bibel sich vorhalten lassen musste, konnte früher auch einem Günterslebener widerfahren, wenn er außerhalb seines Heimatortes unterwegs war und seine Herkunft nicht preisgeben wollte. Ein kundiger Gesprächspartner konnte oft schon nach wenigen Sätzen heraushören, wo sein Gegenüber zuhause war. Denn die Mundart, wie sie teilweise auch noch heute in der Umgangssprache hierzulande in Gebrauch ist, ist in ihrer konkreten Ausformung sehr kleinräumig und hat schon von Dorf zu Dorf ihre besonderen Eigenheiten. So klingt manches Wort in Thüngersheim oder Gramschatz schon wieder etwas anders als in Güntersleben. Hier wie dort handelt es sich aber um den unterfränkischen Dialekt oder – in der Definition der Wissenschaftler, die noch etwas genauer unterscheiden – um den unterostfränkischen Dialekt.
Die Alltagssprache wurde von Generation zu Generation nur mündlich weitergegeben. Daher sind heute nur noch die Nachkommen aus alteingesessenen Familien, und auch die oft nicht mehr, der überlieferten Mundart mächtig. Wer damit aufgewachsen war, lernte spätestens beim Schuleintritt, aber oft auch erst dann, Hochdeutsch – mit fränkischem Einschlag – zu sprechen und damit im schriftlichen Gebrauch umzugehen. Unter dem Einfluss der zunehmenden Verbindungen nach außen und aus der Besorgnis, dass ihre Kinder durch den Dialekt Nachteile in ihrem schulischen und beruflichen Fortkommen erleiden könnten, gebrauchen viele Eltern seit etwa den 1960er Jahren gegenüber ihren Kindern nicht mehr die Mundart. Nur unter sich und mit ihresgleichen, die auch vom Dorf stammen, verständigt man sich weiter in der Sprache der Vorfahren. Der Wechsel von der einen zur anderen Sprachform erfolgt dabei ganz intuitiv und ohne weiteres Nachdenken, wie seit Schulzeiten gewohnt.
„I ho e Ä ü“ wird in Güntersleben gerne scherzhaft als ultimativer Sprachtest gebraucht, um festzustellen, ob ein Zugezogener wirklich im Dorf angekommen ist. Ganz so schwierig zu sprechen und richtig zu verstehen als „Ich habe ein Ei übrig“ ist aber nicht alles, wie die folgende Auswahl von Günterslebener Mundartausdrücken zeigt. Manche Begriffe zeigen sich nur als leichte Abwandlung vom Hochdeutschen. Schwieriger wird es aber, wenn es keine direkte Entsprechung in der gängigen Schriftsprache gibt. Und bei manchen Formulierungen aus Großmutters Zeiten, die inzwischen ganz aus der Übung gekommen sind, müssen auch Alteingesessene erst einmal nachdenken.
Schöani Feiertooch Gruß vor kirchlichen Hochfesten
Wetter
Suun Sonne
Schabbi Schatten
Kantzracha Regen um Johannistag
es niewelt es tröpfelt
es säut es regnet leicht
es schütt, es sächt es regnet stark
Haus, Haushalt, Hof
Eira Ern, Hausflur
Stuwa Wohnzimmer
Naster Betten
Bettzäacha Kissenüberzug
Lälch Betttuch
Schloat Kamin
Abtritt Toilette
Scheißhaus Plumpsklosett im Hof
Boada Speicher, Dachgeschoss
Lusament schlechte Wohnung
Vertiko Schreibtisch, Aktenschrank
Ouer Uhr
Funzl schwaches Licht
Guus Spüle, Abfluss
Handscherwa Handwaschschüssel
Gelta Waschwanne
Schoola Tasse
Seidlesglos Halbliterkrug
Hofa, Hofastörza Topf, Topfdeckel
Tiechl Pfanne
Hafala kleiner Topf
Küwl Eimer
Riebeisa Reibe
Buutrafooß Rührgerät zum Butterherstellen
Blootzschüssl Schneidbrett
Schüsslbriet Geschirrregal
Rutscherla kleiner Topf für Milch oder Most
Spüallumba Spültuch
Käierwüüsch Handbesen
Fadrawüüsch Gänseflügel zum Rohrreinigen
Feuerstackeli Zündhölzer
Flääschmaschienla Fleischwolf
Zwickerla Wäscheklammer
Pforta Hoftüre
Lättra Leiter
Schicker altes Fahrrad
Käita Kette
Spreißl Holzsplitter
Stackala kleiner Stock
Battla kleines Beil
Brüabutta Brühbottich beim Schlachten
Schrocha Arbeitstisch beim Schlachten
Galdsoock Geldbeutel
Kratza Huckelkorb
Bibb Tabakspfeife
Landwirtschaft und Weinbau
Ahra Ernte
Heckaschmatzer Kleinbauer
Mäppo schlechter, steiniger Acker
Awalla Grundstücksgrenze
Hätt Ackerende
Forch Furche
Gelääst tiefe Fahrspur
Ree Rain, Böschung
Buckl Anhöhe, Anstieg
Steerutscha Steinhalde
Mahda abgemähter Getreidestreifen
Ehrli Ähren
Stupfl Stoppeln
Oocha Getreidegrannen
Geträäd Getreide
Garschta Gerste
Hower Hafer
Koara Korn, Roggen
Wäß Weizen
Böitzi Spreu
Dörres Heu
Rangerscha Runkelrübe
Faulenzer Sitzplatz auf dem Wagen
Läätsääl Leitseil
Scheabarra Schubkarre
Räswachala Reisewagen
Stool Stall
Raaf Heubehälter im Stall
Renichum Nachgeburt der Kuh oder Ziege
Hawa leichte Hacke
Kooscht schwere Hacke
Racha Rechen
Schloaderfooß Wassergefäß für Wetzstein
Böabl Vogelscheuche
Wengert Weinberg
Herwest Herbst, Weinlese, Traubenernte
Herwestwocha Lesefuhrwerk
Träuwl Trauben
Koaffa großer Traubenbehälter
Stücht kleiner Bottich
Läura Tresterwein, Haustrunk
Moast Most, Wein
Seidla halber Liter
Bardl Weinkrug
Stopfer Korken
Üschlück Unschlitt (Fassdichtfett)
Pfitzer, Schicker, Storre Rausch
brach Boden mit Hacke bearbeiten
awanner Fahrspur mit Sense freimähen
stupfl Trauben oder Ähren sammeln
schoor Boden aufreißen, herumspaten
Ahragöiker fang die Getreideernte beenden
kalter keltern
ier gären
hott und wist Rechts- und Linkskommando für Zugtiere
fleißi Gruß an jemand, der arbeitet
Pflanzen und Tiere
Doara Dornen
Häschläffa Kuhschelle
Möisi Moos
Schleahützeli Schlehen
Stinkerli Tagetes
Nachali Nelken
Tannagäß Tannenzapfen
Tochenochtli Stiefmütterchen
Baam Baum
Ringlesbusch Löwenzahn
Glitscha Klatschmohn
Säubirla Wildbirne
Anta Ente
Bie Biene
Brahma Bremse, Stechmücke
Gääß, Höppl Ziege
Göiker Hahn
Groshopfer Heuschrecke
Henser Kater
Hoa, Höala Huhn, Küken
Hoaraneistl Hornisse, Wespe
Hoos Hase
Hullazwicker Ohrwurm
Köter Hund
Kracka Krähe, Rabe
Mucka Fliege
Sächamese Ameise
Schmässa Schmeißfliege
Staunzer Stechmücke
Tracher Enterich
Ziepf Hühnerkrankheit
gauz bellen
Dorf und Gemeinde
Thüngerschläwa Güntersleben
Gemee Gemeinde
Vorwach Würzburger Straße
Wastert Thüngersheimer Straße
Heannerleiner Gramschatzerstraße und Umgebung
Käthelsgasse Kirchgasse
Säuhecke Josef-Weber-Straße
Stiegeli Zehntgasse
Schwieboacha Durchgang unter dem Alten Rathaus
Mool Mal, Öffentliche Bekanntmachung
Kerchhoaf Friedhof
Kandl Wasserrinne
Pfütscha Pfütze
Leutgebabbel Dorfgerüchte
Kirchliches
Baatherrla Pfarrer
Nuna Nonne
Hälchamäster Küster, Mesner
Täff Taufe
Gebaat Ewige Anbetung
Allerhälcha Allerheiligen
Sealamt Requiem
Schiading Ausläuten für Verstorbene
Määbaatstun Maiandacht
Kerchatura Kirchturm
Löschhörrla Löschhorn
zamschloch letztes Glockenzeichen vor dem Gottesdienst
naufs Speise gea zur Kommunion gehen
auf der Orchl auf der Empore
Namen
Annamiala, Annamaich Anna Maria
Nanni Anna Maria
Bawett, Bowel Barbara
Bast Sebastian
Darrla Maternus
Dilla, Dilli Ottilie
Dreas Andreas
Kätt, Kätter Katharina
Kunl Kunigunde
Lubber Ludwig
Madlena, Mödl Magdalena
Märt, Märtla Martin
Adl, Ödl Adam
Rettl Margarethe
Schorsch, Schörsch Georg
Sepp, Sepper, Sepperla Josef
Vält, Vältla Valentin
Schimpfworte, Necknamen
Bagasch liderliche Menschen
Gschwattl liderliche Menschen
Braatza träge Frau
Brachhamel Faulpelz
Dollack Dummkopf
dumma Schüt törichte Frau
Duttl ungeschickte Frau
Fätz nichtsnutziger Kerl
Gruschbala kleine alte Frau
Hälch linkischer Mann
Hendschi Tölpel
Hirabicker Besserwisser
Hoaraschröadl Sturkopf
Hoasascheißer Feigling
Hömmerläuter weltfremder Mensch
Hullafraa Frau mit Kopftuch
Lerch Müßiggänger
Löater, Löatfeicha ungeschickter Mensch
Maad, Blootzmaad behäbige Frau
Maulaff Dummkopf
Nawlkrack Quasselstrippe
neugieria Eav neugierige Frau
Öalgötz einfältiger Mensch
Ratscha Tratschweib
Knalla Tratschweib
Schanza ungeschickte Frau
Scheesa Frau, die immer in Eile
Schleiereul begriffsstutzige Frau
Schloafkappa Schlafmütze
Schlorcher Mann mit ungepflegtem Äußeren
Schmierlapp anbiedernder Mensch
Schneagans törichte Frau
Schobbl, Schoada hektische Person
Simpl Dummkopf
Spabrönner Geizhals
Sprüchbeutl Aufschneider
Staragucker weltfremde Person
Tägmeichl träge Frauensperson
Tochdiab Nichtsnutz
Troag, Strick, Stücht grobschlächtiger Kerl
Tröatl Trottel
Trocker langsamer Mensch
Verrecker frecher, gewalttätiger Mensch
Menge, Zeit und Ort
öbbes etwas, ein wenig
a weng ein wenig
Muckaschiß Kleinigkeit
Hamfl eine Handvoll
Arfl Menge, mit beiden Armen fassbar
Trum, mords Trum großer Gegenstand
Trochet schwere Last, auch Tracht Prügel
genaa genau
näichta neulich
anigenäichta vorgestern
moura morgen
sallamoal damals
hetzt, henz jetzt
zu Lawes Toch zu Lebtag
zelatti zeitlebens
maladi mein Leben lang
auffi und owi auf und ab
eini und außi rein und raus
harador hin und her
heist und geist herüben und drüben
hüwa und düwa herüben und drüben
hunna und doawa unten und oben
rü und nü hin und her
vöderschi und hennerschi vorwärts und rückwärts
hömmi, heeni heim
üwi hinüber
ani fort, weiter
Dies und das
Baatl geringer Besitz, Habe
Hacklapaasch ganze Habe
Geraffel wertlose Gegenstände
Hibbel harter Gegenstand
Draack Dreck
Bolla Sprüche, Angeberei
Schwafl dummes Gerede
leere Weis unnütze Belehrung
Spitakl Spektakel
Spruutz Spritzer
Voadl Vorteil, Geschick
dos und sal dieses und jenes
saller dieser, jener
äch links, verkehrt
zwerch, überzwerch irrig, durcheinander
zünderscht zöaberscht drunter und drüber
gattli günstig, passend
ümasuust umsonst
gottsa allzu sehr
ei du ei du Ausdruck der Verwunderung
mach Zeuch Ausdruck der Überraschung
machs halblang Ausdrück der Verwunderung
namm amoal a Ausdruck des Erstaunens
sou a nu Ausdruck der Verwunderung
„Immerzua it ke Ackerleng“. So lautete ein Spruch, wenn die Arbeit auf dem Feld kein Ende nehmen wollte. Daher soll auch diese Auflistung hier enden. Für eine vollständige Erfassung aller mundartlichen Ausdrücke, wie sie in Güntersleben geläufig waren, bräuchte man ohnehin ein ganzes Wörterbuch.
08/2021
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