Teure Amtshilfe

7. September 2021

Teure Amtshilfe

Nix wie raus aus der Stadt. Draußen auf dem Land schnappt man uns nicht so leicht. So mögen die Häftlinge gedacht haben, die 1825 aus dem Gefängnis in Würzburg ausbrachen und auf ihrer Flucht irgendwie auch in Güntersleben auftauchten. So schlau war ihr Plan dann aber doch nicht. Denn in einem kleinen Dorf wie Güntersleben kannte man seine Mitbewohner, und wenn ein fremdes Gesicht auftauchte, fiel das auf und war im Zweifel gleich verdächtig. Und so fanden sich die Ausbrecher, eh sie sich versahen, im Narrenhaus wieder, wie der Volksmund das Dorfgefängnis am Aufgang zur Kirche (Bild) nannte.

Länger konnten sie da freilich nicht bleiben. Aber mitnichten wurden sie von den Ordnungskräften der Staatsgewalt abgeholt. Die Gemeinde hatte die Spitzbuben eingefangen und musste jetzt auch schauen, wie sie diese nach Würzburg zurückbrachte – und das auch noch auf ihre Kosten. Zwölf Kreuzer zahlte sie „dem Johann Kunzemann dahier für Stricke, die vorgenannten Spitzbuben zu fesseln.“ Um kein Risiko einzugehen, zahlte man den gleichen Betrag auch „dem Sebastian Kuhn dahier, für einen Strang zur nochmaligen Fesselung der vorgenannten Züchtlinge.“ Auch für den Transport nach Würzburg setzte die Gemeinde auf doppelte Sicherheit und bestellte zwei zuverlässige Ortsbürger „als beorderte Leiter zur Ablieferung der aus dem königlichen Zuchthause entsprungenen und hier aufgegriffenen Züchtlinge“ und zahlte jedem von ihnen für diesen verantwortungsvollen Dienst eineinhalb Gulden aus der Gemeindekasse. Zwölf Kreuzer erhielten sie zusätzlich „für 2 Laternen und 2 Lichter bei der Ablieferung der ergriffenen Züchtlinge.“ Nachdem der Auftrag ordnungsgemäß erledigt war, hatte sich das Überführungskommando dann auch eine Brotzeit redlich verdient. So fiel für den Gastwirt „zum roten Ochsen in Würzburg für Zehrung bei der Ablieferung der aufgefangenen aus dem Zuchthaus entsprungenen Sträflinge“ auch noch eine Wirtszeche von fünf Gulden und 27 Kreuzer an. Schlussendlich musste auf Anordnung des kgl. Landgerichts im Anschluss an die Aktion für einige Zeit auch noch die Zahl der „mit leuchtenden Laternen gehenden“ Nachtwächter verdoppelt werden, was nochmals einen Gulden für zusätzlich „abgegebene Lichter“ verursachte. Zusammen waren das dann fast 10 Gulden und damit mehr als das, was der Gemeindevorsteher monatlich als Salär erhielt.

Über eine Erstattung dieses Aufwands durch die Staatskasse findet sich in den Büchern der Gemeinde kein Eintrag.

09/2021