Immer positiv denken

21. November 2021

Immer positiv denken

„Der liebe Gott freut sich über jedes Kind.“ Also sprach Franz Beckenbauer, nachdem sich herumgesprochen hatte, dass er bei der Weihnachtsfeier seines Vereins einer anderen Teilnehmerin etwas zu nahe gekommen war. Ein origineller Spruch, aber kein ganz neuer Gedanke, den auch schon andere hatten, denen kraft ihres Amtes die Wahrung moralischer Grundsätze besonders angelegen sein musste.

Ein junger Mann aus Güntersleben veränderte sich 1936 zwecks Heirat nach Veitshöchheim. Er „musste heiraten“, wie man zu sagen pflegte, wenn sich schon Nachwuchs angekündigt hatte. Am 2. Dezember kündigte der Pfarrer von Güntersleben seinem Amtsbruder in Veitshöchheim die bevorstehende Übersiedlung seines bisherigen Pfarrkindes an und empfahl den jungen Mann „der liebevollen Hirtensorge des Pfarrherrn zu Veitshöchheim“. Ergänzend teilte er noch mit, dass vom damals vorgeschriebenen 3. Aufgebot durch die bischöfliche Behörde dispensiert wurde. Ein mittelbarer Hinweis darauf, was bald nach der Hochzeit zu erwarten war.

Der Veitshöchheimer Pfarrer war da direkter. Schon vier Tage später teilte er am 6. Dezember dem Pfarrer von Güntersleben mit: „Trauung ist heute früh bei Nacht und Nebel erfolgt. Copula wurde schon anticipiert. Taufe folgt in Kürze. Ich sehe, daß wir beide ganz tüchtige Pfarrkinder haben, welche das Reich, das Christus gegründet hat, zu mehren versuchen.“ An die Regeln – stille Trauung ohne Öffentlichkeit – hielt er sich zwar, für einen Pfarrer zu dieser Zeit pflegte er aber ein erfrischend lockeres Mundwerk.

11/2021